/ Bertelsmann: Mehrarbeit lohnt sich oft nur für Gutverdiener
/ Lufthansa-Übernahme von Air Berlin: Kranich auf Raubzug
/ Ladies first: Frauenquote als Kampfmittel der Besserverdiener
/ Gabriel schließt große Koalition nicht aus
/ Christian Lindner und das Ende der Politik
/ Versorgungsfall des Tages: Helmut Holter
/ 30 Prozent mehr Drogentote: Die Bilanz der Bundesdrogenbeauftragten
/ EU-Gelder für Breitbandausbau für Tierlabor umgewidmet
/ G20-Gewalt: Göttinger Polizeieinheit belastet sich als Zeugen selbst
/ Internetunternehmen löschen amerikanische Neonazi-Seite
/ Thüringen: Machtkampf im NSU-Ausschuss
/ IS bedankt sich bei Medien für Hilfe bei Verbreitung von Angst und Schrecken
/ Wieder Terror in Spanien
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Bertelsmann: Mehrarbeit lohnt sich oft nur für Gutverdiener
Wer als Hartz-Opfer über 100 Euro dazu verdient, muss davon 80 Prozent (!) wieder abgeben. Solch eine Abgabequoten fordert noch nicht einmal DIE LINKE von den Spitzenabkassierern. Aber bei denjenigen, die (politisch gewollt) in die Armut geworfen wurden, sind diese 80 Prozent Abzug kein Thema für TV-Talkshows oder die Massenmedien. Riesige Empörung gibt es dort nur, wenn man höhere Steuern gegen Reiche einfordert. „Das bestraft die Fleissigen“
Das aber nur am Rande, denn die Bertelsmann-Lobbyklitsche gibt natürlich Ratschläge, wie sich Mehrarbeit auch für Geringverdiener wieder lohnen würde. Nämlich, indem man ihnen auch noch das letzte Bisschen an sozialer Unterstützung wegkürzt. Denn wer praktisch keinen Euro mehr an Sozialgeld bekommt, für den wäre dann jeder Minijob ein „lohnendes Gehalt“.
Oder wie es das ehemalige Nachrichtenmagazin schreibt (Zitat): „Die Stiftung schlägt vor, Arbeitslosengeld II (ALG II), Wohngeld und Kinderzuschlag zu einer universalen Transferleistung zu kombinieren. Das kann allerdings auch bedeuten, dass die Bezieher solcher Hilfsgelder in einigen Fällen schlechter gestellt werden, damit die Aufnahme einer Arbeit tatsächlich auch zu einer finanziellen Besserung führt.“
Und wer jetzt denkt, NOCH zynischer geht es nicht mehr, den muss ich enttäuschen. Denn dass sich die Leute aus blanker Not zur Arbeit schleppen, um dann mit Hilfe ihres kargen Minijob-Gehalts überhaupt halbwegs überleben zu können, wird mit diesem Satz hier sogar abgefeiert: „Das steht im Einklang mit der Idee, dass für Erwerbslose hauptsächlich finanzielle Gründe ausschlaggebend sind, eine Arbeit aufzunehmen – ein Konzept, das auch der Hartz-IV-Gesetzgebung zugrunde liegt.“
Und solche Sprüche muss man auch heute noch in der Qualitätsjournaille lesen, obwohl jeder weiss, dass es nicht genug existenzsichernde Arbeitsstellen in Deutschland gibt.
Aber zum Schluss des Berichts kommt dann aber auch die Wahrheit ans Tageslicht, was Bertelsmann mit ihrer „Studie“ tatsächlich bezweckt. Nämlich das Ersticken jeder Debatte über eine sozialgerechte Abgabenhöhe der Reichen. Zitat: „Einen höheren Spitzensteuersatz haben die Autoren ebenfalls durchgerechnet. Sie kommen aber zu dem Ergebnis, dass er die Ungleichgewichte nicht so gut beseitigen würde wie die vorgeschlagenen Maßnahmen.“
Oder anders formuliert: Nehmt es von den Armen – aber nicht von den Reichen.
Wer sich also fragt, warum die Bertelsmann-Klitsche vom Finanzminister Schäuble (CDU) ohne jede Kritik als gemeinnützig anerkennt wird, auf der anderen Seite aber die „linken Umverteiler“ von Attac jetzt schon seit Jahren gerichtlich gegen Schäuble kämpfen müssen – bitteschön.
Lufthansa-Übernahme von Air Berlin: Kranich auf Raubzug
Falls jemand wissen möchte, warum die Bundesregierung lachend einen 150-Mio-Euro-Kredit bereitgestellt hat, um der Lufthansa die Übernahme zuzusichern, der bekommt allmählich die Lösung.
Zitat: „Dem Flugbetreiber mit dem Kranich auf der Heckflosse wird die Beute serviert. Wie sich das für die Beschäftigten anfühlen dürfte, davor warnte die Flugbegleitergewerkschaft UFO am Donnerstag. Nach deren Wissen soll das fliegende Personal Air Berlins nicht direkt übernommen werden, sondern müsste sich bei der aufkaufenden Airline als Berufsanfänger neu bewerben, sagte Tarifvorstand Nicoley Baublies gegenüber dpa. Das gelte auch für die Lufthansa-Tochter Eurowings, die sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung einen Großteil der Air-Berlin-Flotte sichern will. Für Flugbegleiter mit jahrelanger Betriebszugehörigkeit würde ein Wiedereinstieg als Berufsanfänger Einkommensverluste von bis zu 80 Prozent bedeuten, sagte Baublies. Die Verträge sollten dann möglicherweise befristet sein, was weitere Risiken beinhalte.“
Tja Leute, da werden mal eben lachend 150 Mio Euro von unserem Steuergeld bereitgestellt, damit die Löhne der Arbeiter um bis zu 80 Prozent gesenkt werden können – und im Gegenzug der schwerreiche Vorstand dickere Gehälter und Boni abkassieren kann. Herzlich Willkommen im kapitalistischen System. Ein System, das viel zu schön ist, um es überwinden zu wollen, oder?
Ladies first: Frauenquote als Kampfmittel der Besserverdiener
„Angesichts eines Frauenanteils in den Unterehmensvorständen von 6,1 Prozent wiederholt Familienministerin Barley (SPD) die Forderung, eine Frauenquote gesetzlich vorzuschreiben. Und auch Ursula von der Leyen (CDU) will »jetzt richtig Feuer in der Hütte machen.« Diese Art der Quotendiskussion bringt ans Licht, was vom Feminismus in Deutschland übriggeblieben ist. Es geht allein um eine Quote für Aufsichtsräte und Vorstände, also um Spitzenverdienerinnen. Das zeigt, dass feministische Politik heute mehr denn je ein Kampf der Privilegierten im nationalen Wettbewerb geworden ist.“ Weiterlesen…
Gabriel schließt große Koalition nicht aus
Ach tatsächlich?
Christian Lindner und das Ende der Politik
Auszug aus dem Kurzvideo: „Die FDP ist im Grunde gar keine Partei, sondern eine direkte Lobbyorganisation der mächtigsten Wirtschaftsorgane des Landes. Neben den mächtigsten Finanzinstituten, Auto- und Energiekonzernen und der Pharmaindustrie, scheuen sie sich nicht mal vor der mafiösen Geldautomaten-Wirtschaft: Auch diese findet in der FDP immer einen guten Ansprechpartner, um schärfere Gesetze zu verhindern.
Das besondere hierbei ist, wie eine Image-Kampagne die Inhalte und Substanz der Partei ersetzt. Es ist völlig klar: Diese Partei vertritt nur die Interessen der oberen 5 Prozent, erscheint aber als eine sympathische neue politische Kraft. Werbeagenturen haben hier ganze Arbeit geleistet.
Diese postpolitische Konstellation findet ihre Ursache darin, dass eigentlich keine wirkliche Wahl stattfindet, dass letztlich die großen „Parteien der Mitte“ alle dieselbe Politik mit kleinen Unterschieden machen. Mit der FDP in der Regierung wird sich auch nicht viel, aber etwas verändern: der Zugriff der Konzernchefs und Finanzlobbys in die Gesetzgebung der Bundesrepublik wird noch direkter, die Gewerkschaftschefs müssen länger auf Termine im Kanzleramt warten, die Energiemonopole werden die Verbraucher direkter erpressen können, die Pharmaindustrie wird leichter alternative Medizin und Praktiken verhindern, die Finanzmärkte brauchen gar keine Regulierung zu fürchten und noch mehr Geldautomaten werden die kleinen Gehälter der sozial und kulturell abgehängten auffressen.
Aber das alles spielt keine Rolle: Der Lindner wirkt ja soo nett…“
Versorgungsfall des Tages: Helmut Holter
„Durch Paukenschläge für eine sozialere Politik fällt die Thüringer LINKE, die im Freistaat als stärkste Fraktion den Ministerpräsidenten stellt, nicht auf. Und in Sachen Konsequenz bei Abschiebungen macht das Land Bayern Konkurrenz. Aber immerhin: Für unterbeschäftigtes Politpersonal der LINKEN hat sich die »rot-rot-grüne« Koalition in Erfurt als wahre Jobmaschine erwiesen. Nachdem Regierungschef Bodo Ramelow gleich nach Amtsantritt 2014 den früheren Berliner Staatssekretär Benjamin-Immanuel Hoff als Kanzleichef und Kultusminister engagiert hatte, tritt nun Helmut Holter eine neue Stelle an. Der frühere Schweriner Arbeits- und Wirtschaftsminister (1998-2006) wurde am Donnerstag als neuer Thüringer Bildungsressortchef vereidigt.
In MeckPomm befindet sich DIE LINKE währenddessen das zweite Mal in Folge in der Opposition. Im vergangenen Jahr war ihr Ergebnis bei den Landtagswahlen das schlechteste aller Zeiten. Selbst unmittelbar nach dem Untergang der DDR hatte die damalige PDS gut 15 Prozent der Stimmen erhalten. Anno 2016 waren es noch 13,2 Prozent. Spitzenkandidat Holter wurde danach als Fraktionschef abgewählt. Er selbst hatte nicht sehen können, dass das Absacken der PDS und ihrer Nachfolgerin DIE LINKE in der Wählergunst im Nordosten irgendwas mit ihm und dem von ihm mit verantworteten Wahlkampf mit faktisch nur einem Plakatmotiv mit der Aufschrift »Aus Liebe zu M-V« zu tun haben könnte. Nun also darf der Mann mit dem besonderen Verhältnis zur Realität endlich wieder regieren.“
Tja Leute, und so versinkt eine im Kern unterstützenswerte Partei von ganz alleine. Denn wenn nicht einmal mehr innerparteiliche Sanktionen greifen, weil hochkant versagende Führungsfiguren nach ihren Niederlagenserien einfach auf ein neues Versorgungspöstchen gesetzt werden, dann ist der immer unsozialere Kurs der Partei auch keine Überraschung mehr.
30 Prozent mehr Drogentote: Die Bilanz der Bundesdrogenbeauftragten
„Die Bilanz der Drogenbeauftragten Marlene Mortler (CSU) ist enttäuschend. Seit ihrem Amtsantritt ist die Zahl der Toten durch illegale Drogen um 30 Prozent gestiegen. Die meisten Drogentoten kommen dabei aus ihrem Heimatland Bayern. Höchste Zeit für einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik: Drogenkonsumenten brauchen Information und Aufklärung. Wer abhängig ist, benötigt Hilfe und keine Strafe.“
Tilo Jung hat übrigens die Bundesdrogenbeauftragte bei der Bundespressekonferenz ausgefragt
EU-Gelder für Breitbandausbau für Tierlabor umgewidmet
So ist es in Sachsen-Anhalt geplant, wo die ganz grosse Koalition aus CDU, SPD und GRÜNEN regiert. Und bezüglich des nicht vorhandenen Breitbandausbaus im Bundesland schreibt die Zeitung nur abfällig: „Sachsen-Anhalt gilt als Schlusslicht im Netzausbau.“
G20-Gewalt: Göttinger Polizeieinheit belastet sich als Zeugen selbst
„Der Prozess zeigte sich hinsichtlich des Gewaltbegriffes der Polizisten aufschlussreich. Ein von der Verteidigung befragter Beamter argumentierte, Gewalt seitens der Polizei sei keine »richtige Gewalt«. Ein anderer zeigte sich überzeugt, das Recht zu haben, Demonstrierenden zwecks Auflösung einer friedlichen Sitzblockade ins Gesicht zu schlagen.“
Noch Fragen?
Internetunternehmen löschen amerikanische Neonazi-Seite
Und wer hier direkt applaudiert, hat das Problem nicht erkannt. Denn was wäre gewesen, wenn Internetkonzerne nach den Hamburger G20-Krawallen sofort linke Webseiten blockiert, gesperrt oder gelöscht hätten? Nach den Wikileaks-Enthüllungen über us-amerikanische Kriegsverbrechen hatten ja auch mehrere Banken schon mal alle unterstützenden Spenden an Wikileaks eingefroren. Nur mal als ein Beispiel für die Macht der Konzerne.
UPDATE: Kollege Fefe macht noch folgenden guten Hinweis, dass man mit Zensur „die Öffentlichkeit bevormundet und um das Recht bringt, sich selbst ein Urteil über die Auffassungen anderer zu bilden. Mehr noch: es enthebt die Öffentlichkeit ihrer Verantwortung (und ein Stück weit auch der Pflicht), selbst tätig zu werden und Stellung zu beziehen.“
Thüringen: Machtkampf im NSU-Ausschuss
Oder auch anders formuliert: Wie das SPD-geführte Innenministerium und der SPD-geführte NSU-Untersuchungsausschuss die Aufklärung blockiert und sabotiert – und die regierende LINKE tatanlos dabei zusieht.
IS bedankt sich bei Medien für Hilfe bei Verbreitung von Angst und Schrecken
„Liebe Medien, ohne eure hysterischen, teils unverifizierten Schreckensmeldungen würden wir es nie schaffen, dass so viele Menschen Angst vor uns haben“, so der Sprecher wörtlich. „Selbst wenn noch nicht einmal klar ist, was vorgefallen ist, greift ihr jedes Gerücht auf oder verbreitet ungeprüft Fotos von Leuten, die sich später als unschuldig herausstellen. Dazu eine eigene Fotogalerie mit Toten und Verletzten. Danke dafür!“ Dabei sei es wahrscheinlicher, vom Blitz erschlagen zu werden, als einem Terroranschlag zum Opfer zu fallen.
Satire? Ganz klar Nein! Wohin man schaut, Terrorberichte und immer neue „Breaking News“: 14 Tote bei Attentat in Barcelona. Ein terroristischer Hintergrund wird vermutet.“ Aber hey: Alle fünf Minuten, Tag für Tag: 14 tote Kinder wegen Unterernährung weltweit – welcher Hintergrund wird hier vermutet?
Oder wird darüber (vorsichtshalber) gar nicht erst berichtet?
Und zu guter Letzt:
Nix für ungut, rume – aber das Bertelsmännisches Feuilletongeschwätz über ”Mehrarbeit” ist genausone dümmstsinnige Begriffverkehrung wie “Arbeitsnehmer”: Ohne Mehrarbeit kein Mehrwert und folglich ohne Mehrarbeit keine kapitalistische Produktion:
„Das Produkt der kapitalistischen Produktion ist nicht nur Mehrwert, es ist Kapital. Kapital ist […] sich selbst verwertender Wert, Wert, der Wert gebiert. […] Dass der Produktionsprozess Kapital schafft, ist soweit nur ein andrer Ausdruck dafür, dass er Mehrwert geschaffen hat.“ Karl Marx, Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses. Frankfurt/Main: Neue Kritik, 1969, p. 84/85; http://www.trend.infopartisan.net/trd0114/resultate.pdf
Gruß, Mike